Wir lernen geflüchtete Frauen oft als Mütter und Ehefrauen kennen,
die ihr Leid hintenanstellen, sich um die Familie, ihre belasteten Kinder und Ehemänner
kümmern. Sie fühlen sich – meist mehr als für das eigene Wohl – für das Wohlergehen und den
Zusammenhalt der instabilen Familiensysteme verantwortlich. Sie beruhigen, wenn es zu
emotionaler Dysregulation und Impulsdurchbrüchen kommt, sie schützen, wenn es zu
gewaltvollen Auseinandersetzungen zu kommen droht, sie motivieren, wenn Depression und
Verzweiflung zu Antriebslosigkeit führt, oft halten sie persönlich auch Entwertung und häusliche
Gewalt aus. Diese Frauen sind das Herz und der Kitt der Familie. In Großunterkünften sind es
häufig diese Frauen, die auch die Nöte und Sorgen der Nachbarfamilien sehen und unterstützen
möchten.
Wir möchten diese Frauen darin unterstützen, hilfreiche Netzwerke aufzubauen, in denen basales
Wissen und Hilfen im Umgang mit psychisch schwer belasteten Familienmitgliedern vermittelt
und weitergegeben werden. Das Ziel ist die Weitergabe der eigenen Traumatisierung zu
durchbrechen, und damit sich selbst, die Familie, die Community und auch die Gesellschaft zu
schützen und so eine gesunde Entwicklung zu fördern.
Projektidee
In unserem Projekt wollen wir die vorhandenen Fähigkeiten der Mütter aufgreifen und ihnen
zunächst verdeutlichen, was sie bereits leisten. Weiterhin wollen wir gemeinsam mit den Müttern
aus Großeinrichtungen ein Konzept erarbeiten, das die Mütter dann selbst als Mentorinnen und
Multiplikatorinnen in die Einrichtungen tragen können. Gemeinsam mit den Müttern sollen
kultursensible Materialien und Übungen erarbeitet werden. Außerdem soll mit den Müttern und
für die Mütter ein Raum entworfen werden, in dem sie ihr Wissen, die erarbeiten Übungen,
Materialien und Instrumente miteinander teilen können. Es soll ein geschützter Ort entstehen, in
dem sie ihre Erfahrungen miteinander teilen und ein sicherer Austausch möglich ist, zum Beispiel
im Rahmen eines Cafés.
Die Mütter der Konzept-Gruppe sollen zu Mütter-Lotsen ausgebildet werden, um andere Mütter
der Gemeinschaftsunterkünfte zu empowern. Alle am Konzept beteiligten arbeiten auf
Augenhöhe mit den Müttern. Sie vermitteln einander und untereinander in den Einrichtungen
Wissen, Hilfe und Kontaktdaten für Unterstützung.